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Schmerzen bei CED: Belastung für Betroffene und Angehörige

Tipps von CED Coach: Familie
Tipps CED Coach Gabriela Bretscher

GABRIELA BRETSCHER
Diplomierte Life Coach

Eine chronisch entzündliche Darmerkrankung bringt Schmerzen mit sich, welche für die Angehörigen oft kaum nachvollziehbar sind. Dabei gibt es Strategien, die den Betroffenen und ihren Angehörigen helfen, mit dem Kontrollverlust umzugehen. 

Gabriela Bretscher ist Coach und unterstützt Menschen dabei, in schwierigen Lebenssituationen besser zurechtzukommen. Im Interview gibt sie wertvolle Antworten und hilfreiche Tipps zum Umgang mit Schmerzen und deren Bewältigung.

 

Frau Bretscher, wie wirkt sich die Schmerzbelastung bei einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) auf die Betroffenen und ihre Angehörigen aus?

Gabriela Bretscher: Schmerzen stellen sowohl für die Betroffenen wie auch für ihre Angehörigen eine immense Belastung dar. Angehörige kämpfen oft mit Sorgen und Ängsten um den betroffenen Menschen und sind unsicher, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Die Betroffenen selbst stehen vor einer Vielzahl an Herausforderungen, die von Frustration, Angst und Stress bis hin zu Ungewissheit und depressiven Zuständen reichen. Auf beiden Seiten herrschen eine grosse Unsicherheit und die drängende Frage: «Wie geht es weiter?».

 

Wie erleben Sie die Herausforderungen, denen Angehörige gegenüberstehen, wenn es darum geht, die Schmerzbelastung zu verstehen?

Bretscher: Es kann zu Unverständnis und zur klassischen Überforderung kommen; das erlebe ich immer wieder. Schmerz ist nicht sicht- oder greifbar und daher für die Angehörigen manchmal schwierig nachzuvollziehen. Die Folge davon können können Konflikte und Beziehungsprobleme sein. Zugleich erleben beide Seiten häufig einen Kontrollverlust.

 

Was macht dieser Kontrollverlust mit den Betroffenen und ihren Angehörigen?

Bretscher: Kontrolle gibt uns Sicherheit und Geborgenheit. Wenn wir jedoch die Kontrolle verlieren, löst das grosse Unsicherheiten und Ängste aus. Dieses Gefühl, fremdbestimmt zu sein, ist dann eine zusätzliche Belastung zu den Schmerzen. Bei den Betroffenen wie auch den Angehörigen löst es Machtlosigkeit aus.

Zunächst ist es wichtig, die Situation zu akzeptieren und die Krankheit als einen Teil des Lebens anzunehmen, ohne ihr jedoch zu viel Raum zu geben.

GABRIELA BRETSCHER

Gibt es Strategien, die den Betroffenen helfen, die Kontrolle zurückzuerlangen?

Bretscher: Ja! Das Erlenen von Selbstkontrolle und ein verbesserter Umgang mit Emotionen können helfen. Je besser man lernt mit Emotionen umzugehen, umso besser kann man die Selbstkontrolle halten – auch in schwierigen Situationen. Auch Entspannungstechniken können dabei helfen.

 

Wie können Betroffene generell lernen, besser mit den Schmerzen umgehen?

Bretscher: Um einen besseren Umgang mit den Schmerzen zu finden, können Betroffene verschiedene Ansätze in Betracht ziehen. Zunächst ist es wichtig, die Situation zu akzeptieren und die Krankheit als einen Teil des Lebens anzunehmen, ohne ihr jedoch zu viel Raum zu geben. Zudem hilft es, sich möglichst viel Wissen anzueignen, damit ein Verständnis für die Krankheit entwickelt werden kann. Ebenso rate ich zu Entspannungsübungen und zur Persönlichkeitsarbeit. Man darf sich bewusst machen, wie man trotz der Krankheit ein erfülltes Leben führen kann, das für alle Beteiligten positiv ist. Zugleich muss man die eigenen Grenzen kennenlernen und diese kommunizieren.

 

Was muss man sich unter Persönlichkeitsarbeit vorstellen?

Bretscher: In der Persönlichkeitsentwicklung werden einerseits Entspannungs- und Atemtechniken vermittelt. Andererseits lernt man Gefühle zu benennen, zu akzeptieren und einen Umgang damit zu finden. Man lernt auch eigene Grenzen kennen und wie diese erweitert werden können. Man eignet sich das Werkzeug für die schwierigen Zeiten an und stärkt dadurch die innere Widerstandsfähigkeit, die sogenannte Resilienz. Sie kann den Betroffenen helfen, mehr Kontrolle über sich selbst zu erlangen und das Gefühl der Machtlosigkeit zu mindern. Bei chronischen Schmerzen ist die Begleitung durch einen Coach immer hilfreich.

 

Wann ist der richtige Zeitpunkt, sich mit diesen Themen auseinander zu setzen?

Bretscher: Am besten geschieht dies möglichst frühzeitig, wenn es den Betroffenen gut geht. In solchen Momenten haben sie die nötige Energie und Stärke, um sich mit den Werkzeugen der Bewältigung auseinanderzusetzen. Denn wenn der Zustand der Betroffenen bereits stark beeinträchtigt ist und sie sich in einer schwierigen Phase befinden, fehlt ihnen oft die Kraft und die Ressourcen, um sich mit diesen Themen zu befassen. Es ist dann umso wichtiger, dass sie die Werkzeuge für die Bewältigung zur Hand haben. Besonders in schmerzintensiven Phasen sehnen sich die Betroffenen häufig danach, einfach nur darüber zu sprechen. Es ist wichtig, dass sie Raum und Gelegenheit haben, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken und jemanden haben, der ihnen aufmerksam zuhört und Verständnis zeigt.

Tipps für den Umgang mit Schmerzen bei CED

Für Betroffene

  • Hilfe holen lohnt sich! Eine Begleitung durch einen Coach oder eine Psycholog*in ist empfehlenswert.
  • Fähigkeiten erlernen, die dabei helfen, sich in schwierigen Situationen selbst zu unterstützen.
  • Sich bewusste Auszeiten von der Erkrankung nehmen
  • Die Krankheit darf nicht zum Mittelpunkt des Lebens werden!
  • Hobbys suchen, die Freude bereiten.
  • Selbstkontrolle erlernen und in kleinen Schritten auf das Ziel zugehen.
  • Lernen, die Grenzen einzuschätzen.
  • Entspannungstechniken erlernen und Stress reduzieren.

 

Für Angehörige

  • Im eigenen Rhythmus weiterleben und nicht alles auf den kranken Partner abstützen.
  • Miteinander sprechen, auch darüber, was belastend für die Beziehung ist.
  • Unterstützung suchen bei einem Coach oder einem/einer Psycholog*in.

 

Weitere Informationenzu Coaching bei CED: www.mitherzfeuer.ch

Journalistin: Anna Birkenmeier
Datum: 03.08.2023