Multiple Sklerose

Optimistisch in die Zukunft mit MS

Tägliche Schmerzen und die Ungewissheit, welchen Verlauf die Multiple Sklerose nehmen wird, gehören zu Yvonnes Leben. Trotz allem blickt sie optimistisch in die Zukunft und sagt: «Die MS gehört zwar zu mir, aber sie bestimmt nicht mein Leben.»

Die 34-jährige Yvonne ist eine waschechte Walliserin – aufgewachsen auf über 2000 m ü.M., lebt sie noch immer da und sagt: «Für mich ist es der schönste Ort der Welt. Das Bergpanorama, die gute Luft und die Ruhe - für nichts würde ich tauschen.» Eingebettet ist sie in ein familiäres Umfeld, das seit ihrer MS Diagnose noch so viel wichtiger geworden ist. «Meine Eltern, mein Partner, Freunde und mein Bruder leben alle in unmittelbarer Nachbarschaft. Sie sind meine grösste Stütze und ich weiss nicht, was ich ohne sie tun würde», sagt die leidenschaftliche Skifahrerin.

2013 trat die Multiple Sklerose in Yvonnes Leben – und das völlig aus dem Nichts: «Ich wachte eines morgens auf und konnte meine gesamte linke Körperhälfte nicht mehr spüren, ich hatte ein Gefühl von Kribbeln und Ameisenlaufen. Es war beängstigend.»

Yvonne blickt optimistisch in die Zukunft

MS – die Krankheit mit den 1000 Gesichtern

Es folgten unzählige Untersuchungen, MRI`s, eine Lumbalpunktion und dann die Gewissheit: es ist die tückische Nervenkrankheit MS. «Ich war damals 25 Jahre alt, hatte mein ganzes Leben vor mir. Die Diagnose war ein Schlag. Vorallem auch, weil mir niemand sagen konnte, wie sich die Krankheit entwickeln wird», so Yvonne. Nicht umsonst wird die Multiple Sklerose auch als Krankheit mit den 1000 Gesichtern bezeichnet. Denn: Keine MS oder deren Verlauf gleicht dem anderen.

Drei Jahre war die Fachfrau Gesundheit in der Folge symptomfrei, die Ärzte sprachen von einem klinisch isolierten Syndrom, Yvonne brauchte keine Medikamente. Dann der nächste Schub, auf den MRI Bildern waren mehrere Läsionen zu erkennen und eine medikamentöse Behandlung unausweichlich. «Die Medikamente habe ich sehr gut vertragen. Einziges Problem: Ich durfte damit nicht schwanger werden», so Yvonne. Die Suche nach einem alternativen Medikament gestaltete sich als anspruchsvoll, inzwischen hat sie aber eine Therapie gefunden, mit der sie auch ihren Kinderwunsch erfüllen darf.

«Mit dem Risiko eines neuen Schubes lebe ich täglich.»

«Natürlich mache ich mir Gedanken, wie eine Schwangerschaft und Geburt die MS beeinflussen», sagt Yvonne. Grundsätzlich sei die Schubrate in einer Schwangerschaft weniger hoch, dafür nach der Geburt manchmal umso höher. Yvonne: «Mit dem Risiko eines neuen Schubes lebe ich jedoch täglich, es ist ein Damoklesschwert das über mir hängt. Mit oder ohne Schwangerschaft.»

 

«Die Schmerzen gehören zu meinem Alltag»

Regelmässig muss Yvonne zum MRI – zeigen sich neue Läsionen, wird eine Stosstherapie mit hochdosiertem Kortison gemacht. Ein Horror für Yvonne: «Die Nebenwirkungen sind extrem belastend und ich brauche jeweils ein paar Wochen, bis ich mich wieder davon erholt habe.» Belastend seien für sie aber auch die Schmerzen, mit denen sie oft täglich zu kämpfen habe: «Ich leide unter Migräne, die möglicherweise einen Zusammenhang mit der MS hat. Hinzu kommen starke Schulter- und Nackenschmerzen sowie eine Fatigue.» Gegen die Schmerzen hat Yvonne, zusätzlich zur medikamentösen Schmerzbehandlung, mit alternativen Behandlungsmethoden wie Physio-, Craniosacraltherapie und Akkupunktur gute Erfolge erzielt. Zudem habe sie gelernt, mit den Schmerzen und der bleiernen Müdigkeit umzugehen. «Es gehört nun mal zu meinem Leben – entweder ich kann daran verzweifeln oder das Beste daraus machen. Ich habe mich für Letzteres entschieden», so Yvonne.

Yvonne bei ihrem Hobby dem Skifahren

Ungewissheit über den weiteren Verlauf

Sie musste allerdings auch lernen und akzeptieren, dass ihr Alltag oft nicht planbar ist: «Ich brauche viele Ruhepausen und manchmal bestimmt die Fatigue meinen Tag.» Dann sei sie auch nach neun Stunden Schlaf gleich müde wie am Vorabend. Am meisten beschäftigt sie aber die Frage wie es weitergeht und wohin die Erkrankung noch führen wird. «Mit der Ungewissheit des weiteren Krankheitsverlaufes zu leben ist erdrückend. Genauso, wie mit den vorgefertigten Bildern, die viele mit MS verknüpfen.» So sei die Meinung noch immer verbreitet, dass jeder MS Patient irgendwann im Rollstuhl landet. Fakt allerdings ist, dass weniger als 50% der Betroffenen im Krankheitsverlauf auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Offen und ehrlich geht Yvonne deshalb mit ihrer Krankheit um, denn: Nur so können Vorurteile abgebaut und Verständnis geschaffen werden.

Ihr Tipp an andere Betroffene: «Positiv denken und im Moment leben hilft. Es bringt nichts, sich zu sehr mit möglichen Krankheitsszenarien auseinanderzusetzen.»

Journalistin: Anna Birkenmeier
Datum: 07.11.2022