Schmerz – die Alarmanlage unseres Körpers
Schmerz ist eine wichtige Warnfunktion unseres Körpers. Akute Schmerzen warnen uns vor möglichen Gefahren und melden uns, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wird der Schmerz chronisch, schrillt die Alarmanlage jedoch andauernd, ohne dass eine entsprechende körperliche Ursache vorhanden ist.
Akuter Schmerz
Akuter Schmerz ist die Alarmanlage unseres Körpers. Er warnt uns vor möglichen Gefahren oder meldet uns, wenn Gewebe beschädigt wird. Das ermöglicht uns, schnell zu reagieren und weitere Schäden zu vermeiden. Deshalb zucken wir zurück, wenn unsere Finger die heisse Herdplatte berühren oder wir belasten den verstauchten Fuss weniger. Akuter Schmerz ist also eine lebenswichtige Funktion und vergeht in der Regel in kurzer Zeit wieder.
Wie aber entsteht akuter Schmerz? Beinahe überall in unserem Körper haben wir sogenannte Schmerzrezeptoren. Sie sitzen in der Haut, den Organen oder den Blutgefässen. Diese kleinen Empfangsstationen registrieren Wärme, Kälte, Entzündung oder Druck. Wird es zu kalt, zu heiss oder ist der Druck zu gross, senden sie elektrische Impulse aus. Diese Impulse laufen durch die Nervenfasern zum Rückenmark und weiter zum Gehirn. Erst wenn das Signal dort angekommen ist, spüren wir den Schmerz.
Manche Körperstellen haben mehr Rezeptoren als andere und sind daher sensibler. Und bei manchen Personen werden die Impulse schneller weitergeleitet als bei anderen, sie sind schmerzempfindlicher als andere. Ausserdem können sich Nerven verändern und sich an neu gelernte Dinge anpassen.
Schmerz entsteht also im Gehirn aus den Informationen der Nervenbahnen. Auch Gefühle oder Erinnerungen werden im Gehirn abgespeichert. Diese Informationen werden laufend miteinander verknüpft und bei ähnlichen Erfahrungen wieder aktiviert. Man spricht dann von sogenannten Mustern. So kann beispielsweise die Erinnerung an einen Nadelstich bereits Schmerz auslösen. Und auch Gefühle und Gedanken können Schmerzen vermitteln.
Bei chronischen Schmerzen meldet sich die Alarmanlage oft und stark, obwohl keine akuten körperlichen Ursachen mehr vorhanden sind.
Chronischer Schmerz
Sobald die Heilung beginnt, normalisiert sich auch die Alarmanlage wieder und meldet sich je länger je weniger. Der Alarmzustand kann jedoch durch emotionale, psychische oder soziale Belastungen zusätzlich gesteigert werden. In diesem Falle meldet sich die Alarmanlage oft und stark, obwohl keine akuten körperlichen Ursachen mehr vorhanden sind. Trotzdem ist der Schmerz real. Er hat jedoch seine Warnfunktion verloren und sagt nichts über die Gefahr für den Körper aus.
Bei chronischen Krankheiten wie rheumatoider Arthritis oder einer Tumorerkrankung kann es zu einem andauerndem Schmerzreiz kommen. In diesen Fällen ist der Schmerz immer noch auf die körperliche Ursache zurückzuführen.
In beiden Fällen kann sich der akute Schmerz zu einem chronischen Schmerz entwickeln. Von chronischem Schmerz spricht man, wenn mehrere Belastungsfaktoren gleichzeitig auftreten. Der Schmerz hält länger an, weitet sich auf andere Körperregionen aus und führt zu psychischen und sozialen Problemen. In diesem Fall ist der Schmerz zur eigenen Krankheit geworden.
Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Nackenschmerzen und neuropathische Schmerzen (Schmerzen durch Schädigung des Nervensystems) entwickeln sich besonders häufig zu chronischen Schmerzen. Insgesamt leiden ungefähr 16% der Schweizer Bevölkerung unter chronischen Schmerzen. Um zu verhindern, dass Schmerz chronisch wird, müssen akute Beschwerden frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden. Es muss vermieden werden, dass durch einen dauernden Reiz ein falsches Muster im Gehirn abgespeichert wird. Wenn Behandlungen, die normalerweise gut wirken, nur noch wenig Einfluss auf den Schmerz haben, sollte man weitere Abklärungen machen. Die erste Anlaufstelle ist hier der Hausarzt oder die Hausärztin. Sie kann bei der Suche nach einer geeigneten Fachperson unterstützen.
Obwohl chronische Schmerzen in vielen Fällen nicht «heilbar» sind, lassen sie sich trotzdem ein Stück weit bewältigen. Gehirn und Nerven können sich verändern und neue Muster erlernen. Mit einer interdisziplinären Behandlung von körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren kann man die Schmerzen soweit in den Griff bekommen, dass Aktivitäten wieder möglich sind und die Lebensqualität gesteigert wird.
Datum: 13.07.2022