Chronische Schmerzen

„Gezielte Thera­pien bieten neue Hoffnung für die Be­hand­lung von Lupus“

Prof. Michel Gilliet
Leiter der Abteilung für Dermatologie und Venerologie
Universitätsspital Lausanne (CHUV)

Lupus ist eine seltene, aber stark einschränkende Autoimmunerkrankung, die sich häufig durch Hautausschläge im Gesicht äussert. Professor Michel Gilliet, Leiter der Abteilung für Dermatologie und Venerologie am Universitätsspital Lausanne (CHUV), spricht mit uns über die Besonderheiten dieser Krankheit, die vor allem Frauen betrifft.

Prof. Gillet, Lupus verursacht spezifische Hauterscheinungen. Können Sie diese beschreiben?

Prof. Michel Gilliet: Es ist wichtig klarzustellen, dass Lupus eine Autoimmunerkrankung ist. Das bedeutet, dass das Immunsystem gesunde Zellen und Gewebe angreift, was zu Entzündungen und Hautläsionen führt.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist, dass es drei Arten von Lupus gibt, die jeweils unterschiedliche Symptome und Auswirkungen haben. Der chronische Lupus beschränkt sich auf die Haut und äußert sich durch rote, kreisförmige Ausschläge mit Hautatrophie im Gesicht, auf der Kopfhaut und im oberen Körperbereich. Der systemische oder akute Lupus hingegen kann verschiedene Organe betreffen und eine Vielzahl von Symptomen hervorrufen, wie Gelenkschmerzen, Mundgeschwüre, Fieber und Übelkeit. Ein häufiges, aber nicht systematisches Merkmal ist ein schmetterlingsförmiger Ausschlag auf den Wangen und über dem Nasenrücken. Schließlich verursacht der subakute Lupus Hautausschläge, greift jedoch keine inneren Organe an, kann aber Gelenkschmerzen verursachen.

Man muss zudem wissen, dass die Symptome des Lupus über Jahre hinweg verschwinden und in Remission bleiben können. Die Ursachen der Krankheit sind noch wenig bekannt, allerdings ist belegt, dass die Vererbung eine wichtige Rolle spielt.

 

Sind die Hautsymptome der verschiedenen Lupusformem schmerzhaft?
Gilliet: Die mit Lupus verbundenen Ausschläge und Rötungen können Brennen, Juckreiz oder sogar dauerhaften Haarausfall verursachen. Das führt zwar zu einem gewissen Unbehagen, aber nicht zu starken Schmerzen, die spezifisch behandelt werden müssten. Ein typisches Merkmal dieser Ausschläge ist, dass sie durch Sonnenlicht ausgelöst werden. Daher treten sie auf sichtbaren Körperstellen wie Gesicht, Hals und Schultern auf. Ihr Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen ist dementsprechend erheblich. Sie können das Sozialleben beeinträchtigen und sehr belastend sein.

 

Können diese Ausschläge auch die psychische Gesundheit beeinträchtigen?
Gilliet: Das hängt von der jeweiligen Person und ihren persönlichen Ressourcen ab, da jeder Fall einzigartig ist. Man muss auch berücksichtigen, dass Lupus sechsmal häufiger bei Frauen auftritt, oft im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Wenn das Gesicht in der Jugend betroffen ist, kann das schwer zu verkraften sein – das Körperbild und das Selbstwertgefühl können leiden. Manche Betroffene benötigen psychologische Unterstützung. Programme wie die Therapeutische Patientenbildung können ebenfalls hilfreich sein. Unter Anleitung spezialisierter Pflegekräfte ermöglichen diese Programme den Patient*innen, über ihre Krankheit zu sprechen, sie besser zu verstehen und ihre Behandlung besser zu bewältigen. In den systemischen Formen kann Lupus auch das zentrale Nervensystem angreifen und neuropsychiatrische Störungen verursachen.

Wenn das Gesicht in der Jugend betroffen ist, kann das schwer zu verkraften sein – das Körperbild und das Selbstwertgefühl können leiden.

Prof. Michel Gilliet, CHUV

Was sind die wichtigsten Behandlungen zur Linderung der Lupussymptome?
Gilliet: Die Behandlung richtet sich nach der Art des Lupus und den jeweiligen Symptomen. Beim diskoiden Lupus, der nur die Haut betrifft, besteht das Ziel darin, die Hautentzündung zu reduzieren und zu kontrollieren. Hierfür werden synthetische Antimalariamittel eingesetzt, die die Entzündung verringern und die Immunantwort modulieren, oft kombiniert mit kortikosteroidhaltigen Cremes. Diese Behandlung ist in der Regel ausreichend. Ein ähnliches Vorgehen gilt für den subakuten Lupus.

Beim systemischen Lupus, der mehrere Organe betreffen und lebensbedrohlich sein kann, sind die Behandlungen deutlich intensiver. Hier werden systemische Kortikosteroide mit Immunsuppressiva kombiniert. Diese Therapien haben zahlreiche Nebenwirkungen. Eine davon ist die Schwächung des Immunsystems, wodurch das Risiko für Infektionen steigt. Es ist daher entscheidend, diese Patient*innen engmaschig zu überwachen und die Dosierung der Medikamente genau anzupassen – mit dem Ziel, sie im Laufe der Zeit schrittweise zu reduzieren.

 

Gibt es Maßnahmen, die Patient*innen ergreifen können, um die Symptome des Lupus zu begrenzen?
Gilliet: Man sollte Sonnenlicht meiden, da es Hautausschläge und Verbrennungen verursacht. Es wird daher empfohlen, sich zu bedecken und regelmäßig Sonnencreme aufzutragen. Auch wenn eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung allgemein gesundheitsfördernd sind, können diese Gewohnheiten Lupus nicht verhindern.

 

Es scheint wenig Hoffnung für Patient*innen mit dieser chronischen Krankheit zu geben...
Gilliet: Im Gegenteil – in den letzten Jahren haben Fortschritte bei den gezielten Therapien neue Hoffnungen geweckt, vor allem für Menschen mit systemischem Lupus, die auf herkömmliche Behandlungen nicht gut ansprechen. Derzeit werden zwei Arten gezielter Therapien entwickelt, die bereits bei einigen Patient*innen positive Ergebnisse gezeigt haben.

Die erste Therapieform zielt auf die B-Lymphozyten ab, die bei systemischem Lupus Antikörper gegen körpereigenes Gewebe produzieren. Diese Antikörper binden sich an Antigene und bilden Komplexe, die sich in den Nieren, der Haut oder den Gelenken ablagern und dort Schäden verursachen. Die zweite Therapieform richtet sich gezielt gegen den durch diese Komplexe ausgelösten Entzündungsweg des Interferons (eines Proteins). Diese jüngsten Entwicklungen geben den Patient*innen also große Hoffnung. Auch wenn es kein Wundermittel gibt, werden diese neuen Therapien voraussichtlich eine deutliche Reduktion der Kortikosteroiddosen ermöglichen.

Behandlung des systemischen Lupus erythematodes (SLE) 

Prof. Andrea Rubbert-Roth vom KSSG klärt auf über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten. 

Hier geht's zum Interview 

Journalistin: Geneviève Ruiz
Datum: 15.07.2025